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Angeregt von Bernd Fechlers Beitrag „Konfliktmanagement als Regulation der moralischen Anerkennungsökonomie" (Fechler 2014) möchte ich kurz auf die Bedeutung für die praktische Anwendung bei der Konfliktlösung am Arbeitsplatz eingehen.
Konflikte in Unternehmen werden noch überwiegend personalisiert betrachtet, also deren Entstehen den schwierigen Charaktereigenschaften einzelner Personen zugeschrieben. Dieser Logik folgend werden Mitarbeitende gebeten, sich selbst um die Lösung zu kümmern, mit dem gut gemeinten Appell, dass man sich doch als erwachsene Menschen bilateral einigen könne.
Dieser Appell ist auch prinzipiell förderlich, um die Konfliktkompetenzen der Mitarbeitenden bei gering eskalierten Konflikten zu nutzen. Andererseits werden so tendenziell die Einflüsse von Führungskultur und systemisch wirkenden Spannungsfeldern innerhalb von Gruppen und der Organisationen von vorneherein negiert und der dringende Handlungsbedarf (durch Führungskräfte oder Konfliktmediatior-/innen) bei höher eskalierten Konflikten zu lange nicht erkannt (s. Glasl).
Anders ausgedrückt, sind unerkannte kulturelle, strukturelle und gruppendynamische Spannungsfelder ein Nährboden für Konflikte am Arbeitsplatz, mit deren Auflösung Einzelpersonen nachvollziehbarerweise überfordert werden. Infolge dessen kann es zu innerem Rückzug und innerer Kündigung kommen, befeuert durch simplifizierende Ursache-Wirkungszuschreibungen und oft begleitet von Sündenbock- bzw. Mobbingerleben.
Organisationen, die das Konfliktmanagement ausschließlich an Einzelpersonen deligieren, riskieren hohe Folgekosten, die vermeidbar wären, wenn die Einflüsse und Entwicklungsfelder des Umfeldes von vorneherein mitberücksichtigt würden.
Systemisch relevante Spannungsfelder können entstehen wenn:
Erkennt man diese Quellen von Spannungen als Personalentwickler-/in, als Führungskraft oder als Mediator/-in an, so ist das in der Regel sehr förderlich für den Prozess der innerbetrieblichen Konfliktlösung, weil die Beteiligten von Schuldzuschreibungen entlastet und wichtige Umweltfaktoren konstruktiv mit einbezogen werden können.
In dieser Betrachtungsweise steht Anerkennung also nicht nur für gegenseitige Wertschätzung sondern auch um die Beachtung von organisationalen Spannungsfeldern und die Würdigung von Gruppennormen. Als Beispiel für eine Sicht auf Gruppennormen möchte ich die Ausgleichsprinzipien von Varga von Kibed / Sparrer vorstellen. Demnach bestehen in Systemen erfahrungsgemäß Anerkennungs- bzw. Ausgleichserwartungen, die nachfolgend nach Bedeutsamkeit priorisiert sind:
Will man Konflikte am Arbeitsplatz lösen, sollte man diese Aspekte in der beschriebenen Reihenfolge einmal daraufhin gedanklich durchgehen, ob eventuell die fehlende Würdigung einer der genannten Stufen eine latente Quelle des vorliegenden Konfliktgeschehens sein kann.
Die Anerkennung und Wertschätzung von unterschiedlichen Perspektiven und Bedürfnissen der Konfliktparteien ist die Grundlage jeder erfolgreichen Mediation oder Konfliktbearbeitung. Man könnte sagen, Konfliktbearbeitung ist die Wiederherstellung von gegenseitiger Anerkennung und Wertschätzung, insbesondere unter Berücksichtigung von systemischen Wirkmechanismen.
Daraus folgere ich: Je mehr man auch die systemischen Quellen für einen potentiellen Mangel an Anerkennung und Wertschätzung berücksichtigen kann (Wertschätzungskultur, Gruppennormen, organisationale Spannungsfelder), desto besser kann man das Verhalten der Beteiligten nachvollziehen und desto differnzierter kann man in Organisationen als Konfliktberater-/in vorgehen.
Kontaktieren Sie mich gerne für eine individuelle Beratung bei innerbetrieblichen Konflikten oder zum Aufbau von Konfliktlösungskompetenzen in Ihrer Organisation.
Literaturhinweis:
Fechler Bernd, Systemisches Konfliktmanagement, Schäffer-Poeschel, 2014
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